Reizhusten, Übelkeit, Kopfschmerzen und ein widerwärtiger Geschmack im Mund: Diejenigen, die diese Erfahrungen gemacht haben, werden sie noch nicht vergessen haben: die allererste Zigarette. Bei Einigen führte die Abwehrreaktion des Körpers womöglich sogar dazu, den Glimmstängel für alle Ewigkeit aus dem Leben zu verbannen.
Mehreren Tausend Kindern in den USA wird diese individuelle Entscheidung, sich vor den gesundheitsschädlichen Nikotin-Stoffen zu schützen, verwehrt. Und das nicht etwa, weil das US-Recht den Minderjährigen erlaubt, zu rauchen. Nein – viel schlimmer: Sie dürfen bzw. sie müssen auf Tabakplantagen arbeiten.
Legale Kinderarbeit?
„Dürfen“, weil es das amerikanische Arbeitsrecht für den landwirtschaftlichen Wirtschaftssektor erlaubt, dass Zwölfjährige unbegrenzt viele Stunden außerhalb der Schule auf dem – allgemein formuliert – „Feld“ arbeiten. „Müssen“, weil viele Kinder aufgrund ärmlicher Verhältnisse ihrer Familien schon früh dazu gezwungen sind, in das ausbeuterische Geschäft einzusteigen.
Diejenigen, die es besonders hart trifft, ziehen schon mit zehn Jahren auf die Plantagen – in diesem Fall brauchen sie lediglich die schriftliche Genehmigung der Eltern. Diese fragwürdigen Gesetze stammen noch aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Damals war es normal, dass die Kinder der Farmer in den Sommerferien bei der Ernte aushalfen.
Vier Stunden Ernte = 20 Zigaretten
Dabei gehören die landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu den problematischsten: Schwere Lasten heben, ungesichert in großer Höhe arbeiten, gefährliche Maschinen steuern – all das steht auf der Tagesordnung. Doch die Tabak-Industrie setzt noch einen drauf. Die tödlichen Gefahren hat die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ in einem Bericht veröffentlicht. Dieser legt die erschreckenden Bilder dar, die sich in den Bundesstaaten North Carolina, Kentucky, Tennessee und Virginia – aus denen 90 Prozent der gesamten US-Tabakproduktion stammen – abspielen: Fieber, Schlaflosigkeit, Übelkeit und Atemnot seien die kurzfristigen Symptome von Nikotinvergiftungen.
Die Medizinerin Rosa Wolf bestätigt die gesundheitlichen Folgen für die Kinder: „Wer während vier Stunden Tabakblätter erntet und dabei noch schwitzt, vergiftet seinen Körper so stark mit Nikotin wie jemand, der 20 Zigaretten raucht.” Zu den Langzeitfolgen des dauerhaften Kontakts mit Pestiziden zählt die Menschenrechtsorganisation Krebserkrankungen, Lernstörungen und Unfruchtbarkeit.
Ein trauriger Kreislauf
Doch was kann man dagegen tun?
Die jeweiligen Produkte nicht mehr zu kaufen, ist keine Lösung. Die Kinder und ihre Familien, die auf das Einkommen angewiesen sind, würden dadurch ihren Job verlieren. Eine Lösung wäre, dass erwachsene Arbeiter ein faires Gehalt beziehen und damit nicht abhängig von einem Einkommen ihrer Kinder sind.
Einige Projekte gegen Kinderarbeit bieten Kompromisslösungen mit flexiblen Schulen an, sodass die Kinder – trotz Arbeit – zum Unterricht gehen können. In ganz erfolgreichen Projekten verpflichten sich die Arbeitgeber außerdem, die Arbeits- und Gesundheitsbedingungen in ihren Betrieben zu verbessern.